Das Praktikum als eine bedeutende Säule der Berufsorientierung an Regional- und Gemeinschaftsschulen

Durch Veränderungen in den Schulartenverordnungen ist die Berufsorientierung aus ihrer Randlage in den Mittelpunkt unterrichtlichen Geschehens gerückt: „Die Berufsorientierung ist integrativer Bestandteil im Unterricht aller Fächer und Jahrgangsstufen.“ (§ 2 Abs. 5 GemVO und § 3 Abs. 6 RegVo) Die Regional- und Gemeinschaftsschulen in Flensburg sind in den letzten Jahren dazu übergegangen, schuleigene Curricula für die Berufsorientierung zu entwickeln. Das Bewusstsein wächst, dass mit der Berufsorientierung nicht früh genug angefangen werden kann. Dieser frühzeitige Realitätsbezug entspricht auch der veränderten Aufgabenkultur der einzelnen Fächer. Dabei wird neben neuen Elementen auch das Altbewährte verankert und erweitert:

Seit dem Schuljahr 1977/78 werden Betriebspraktika für Flensburger Schülerinnen und Schüler durchgeführt. Das i.d.R. zweiwöchige Betriebspraktikum hat sich als wichtigster Teil des Berufswahlunterrichts in den Klassen 8 und 9 in Flensburg etabliert. In den letzten Jahren absolvierten jährlich ca. 850 Schülerinnen und Schüler ein Betriebspraktikum. In jeder Schule gibt es eine/n Ansprechpartner/in für die Belange der Berufsorientierung. In Konferenzen werden verbindliche Jahrespläne u.a. für den Ablauf der Praktika vereinbart. Die Praktikumsbetriebe sollten anerkannte Ausbildungsbetriebe sein. Die Schülerinnen und Schülern suchen sich ihre Praktikantenstellen selber, dabei werden sie von den Schulen unterstützt. Die Lehrkräfte betreuen und beraten die Schülerinnen und Schüler regelmäßig in den Betrieben. In einer Auswertungsphase nach dem Praktikum reflektieren die Schülerinnen und Schüler ihre Praktikumserfahrungen. Die Formenausprägung der Praktika geht weiter. Schulen bieten frühe „Schnupperpraktika“ (von Klasse 5 bis 8) an, sogenannte „Vertiefungspraktika“ in Klasse 10 sollen den Nachweis für vertiefte Facharbeitsfähigkeit und Projektkompetenzen für die zukünftigen Azubis und Profiloberstufenschüler erbringen.

Auch die traditionellen Flensburger Werkstatttage habe eine Weiterentwicklung erfahren. Kam früher nur eine gewisse Anzahl von Klassen und Jahrgängen in den Genuss einer Werkstattwoche, so können sich heute komplette 8. Jahrgänge der beteiligten Schulen für zwei Wochen in drei Gewerken an den Werkbänken ausprobieren. Voraussetzung für die Teilnahme ist das Durchlaufen einer Potentialanalyse - oft schon am Ende der Klasse 7-, deren stärkenorientierter Ansatz manche überraschende Ergebnisse und neue Ansätze in der Entwicklungsbegleitung der Jugendlichen mit sich bringen können.

Sämtliche Ergebnisse, Beurteilungen und Zertifikate der Berufsorientierung ab Klasse 5 werden gesammelt. Neben der Portfolioarbeit einiger Schulen führen andere den Berufswahlpass ab Klasse 7 verbindlich ein. Damit entstehen nicht nur für die Schülerin/den Schüler, sondern auch für deren Lehrerinnen, Lehrer, Ausbilderinnen und Ausbilder, nachvollziehbare Berufsorientierungsbiografien.

Jürgen Vollbehr